Der Ruhrpottologe unterwegs im Ruhrgebiet

Andre Brune

Aktion Canchanabury - 63 Jahre Afrikahilfe aus Bochum - Gerd Stegemann im Interview I Podcast #70

Afrikahilfe aus Bochum seit 60 Jahren plus Bonusinterview mit Paul aus Uganda

25.04.2024 107 min Ruhrpottologe André Brune

Zusammenfassung & Show Notes

Aktion Canchanabury - 60 Jahre Afrikahilfe aus Bochum - Gerd Stegemann im Interview I Podcast #70

Bei einem Straßenfest im „Kortländerviertel“ in Bochum habe ich zufällig auf einem Hinterhof beim Grillen Henriette Roos kennengelernt. Sie erzählte mir kurz vom Verein und ich bot ihnen einen Podcast an.

Einige Monate später rief Gerd Stegemann, der Geschäftsführer des Vereins Aktion Canchanabury, an und machte mit mir einen Termin.

Ich war sehr neugierig, was das für ein Verein ist. Ich wußte, trotzdem ich seit 1995 in Bochum wohne, nichts über einen Verein im Ruhrgebiet, der sich für Afrika einsetzt.

Zu meiner Überraschung ist der Verein schon seit dem 10.10.1961 aktiv. Der Gründer Hans Reinhardt, der mit Kinderlähmung selbst genug Leid erfahren musste in seinem Leben, wollte anderen helfen, denen es noch dreckiger ging. Lepra war damals eine üble Seuchenkrankheit, die erst in den 1990er Jahren durch den Fortschritt in der Medizin eingedämmt werden konnte.

„Im Mai 1960 kam mir der Gedanke, den Aussätzigen (Anmerkung: Leprakranke) zu helfen. Niemand gab mir den Rat, kein Buch und kein Film regte mich dazu an. Es lag wohl daran, dass ich selber krank war. Der beste Dolmetscher für das Verstehen des Leides seiner Mitmenschen ist das Leid, das man selbst ertragen musste.“ Das war das Motto von Hans Reinhardt.

So wurde Verein „Aktion Leprakrankenhaus Canchanabury“ gegründet. Zwei Jahre wurden Spenden gesammelt, um ein Krankenhaus für Leprakranke in Thailand am Fluß Kwai zu bauen. Doch die Regierung Thailands wollte in der Nähe des Touristenzentrums das nicht sehen und verbot den Bau des Hospitals.

Hans Reinhardt gab aber nicht auf. Er nahm Kontakt mit Afrikamissionaren auf, den „Weißen Vätern“ in Köln. Sie benötigten Geld für die Behandlungen von Leprakranken im Kongo. Ao entsteht in Badiya die Leprastation für 100000 DM. Und ist damit das erste erfolgreiche Projekt der Aktion Canchanabury. Der Vereinsname des thailändischen Ortes wurde beibehalten, weil man aus Niederlagen nur lernen kann, so Hans Reinhardts Meinung als Vorsitzender. Bis heute blieb der Name und ist über die Grenzen Bochums auch bekannt.

Mehr über die Geschichte des Vereins: 

Danach wurde in vielen afrikanischen Staaten bestimmte Projekte erfolgreich durchgeführt. Immer ist Transparenz für Mitglieder und Aussenstehende wichtig für den Verein gewesen. Im Kongo musste der Verein sich jedoch durch den Bürgerkrieg Ende der 1990er Jahren zurückziehen und übergab die Tätigkeit an eine belgische Stiftung ab, die dort weiterhin ihre Arbeit weiterführt.

Politisch ist Afrika 1961 noch nicht komplett vom Kolonialismus befreit. Heute ist Afrika ein Kontinent, das die ganze Welt ernähren könnte, wenn da nicht Korruption, ständige Kriege und Hungersnöte durch Klimawandel entstanden wären durch willkürliche Grenzziehungen der europäischen Kolonialmächte im 19. Jahrhundert und die Ausbeutung der Rohstoffe, die noch heute in gewisser Form durch die mächtigen Wirtschaftsunternehmen weitergeführt wird.

Heute bekommt Afrika hier und da von ehemaligen Kolonialländern, wie auch Deutschland, Entwicklungshilfen, die hier und da wirkungsvoll sind, aber insgesamt ein Tropfen auf dem heißen Stein sind.

Gerd Stegemann spricht mit mir über das Ziel des Vereins sich aufzulösen, sobald es in Afrika „normal“ zugehen würde, denn wirtschaftlich und politisch ist der Kontinent bleibend schwierig für die Bewohner und Bewohnerinnen. Für den Geschäftsführer Gerd Stegemann ist Afrika kein Sehnsuchtsort. Für ihn ist es wichtig, etwas Sinnstiftendes zu machen. So ist der studierte „Filmwirt“ durch Zufall beim Kellnern auf den Verein gekommen.

Er machte einen Imagefilm und dann wurde eine Halbtagsstelle angeboten auf die er sich bewarb. Dann war der Geschäftsführer in Rente gegangen und so lag es nahe, das er diesen Weg gehen wollte für den Verein. Denn es gab keinen passenden Bewerber. Heute ist er neben Henriette Roos, die schon über 20 Jahre dabei ist, eine große Stütze im Verein. Für Gerd Stegemann ist die Vereinstätigkeit sinnvoller als das Filmen eines Schokoriegels, wie er seine Erlebnisse aus der Filmwirtschaft mitteilte. 

Beide checken die Projekte ab, prüfen die Gelder, machen die Transparenz für Mitglieder und auch nach Außen und entscheiden auch bei geldlichen Spendenabgaben.

Im Moment ist Uganda ein Schwerpunkt und hier ein Beispiel der Arbeit von Aktion Canchanabury. Ein Land, dass zur Coronazeit 2 Jahre lang die Schulen geschlossen hatte. Ein Land, das durch AIDS, Ebola und anderen Krankheiten immer wieder heimgesucht wird und mit Pandemien innerhalb der Grenzen „gute“ Erfahrungen hat. 

In den Orten Masaka und Mushanga haben viele Kinder ihre Eltern durch AIDS und andere Krankheiten verloren. Sie selbst sind z.T. sogar mit AIDS geboren worden. Durch Präventionsarbeit im Rhamen des „Community Based Health Care“ sollen die Quoten für die Krankheiten eingedämmt werden. Ein Projekt ist die örtlichen Selbsthilfegruppen zu unterstützen, damit sie Waisenkinder in Pflegefamilien unterbringen können. Sie unterstützen auch ältere Waisen, die sich um ihre jüngere Geschwister kümmern in sogenannten „Kinderhaushalten“. Wichtig ist es den Waisen aus den Projektmitteln dort die staatliche Schuluniform, Schuldgeld und Schulbücher zu bezahlen, damit sie nicht abgehängt werden in der Bildung. 

Wieviele Mitglieder hat der Verein?

40 Stimmberechtigte Mitglieder, ehrenamtlich helfen ca 150 Personen. Es gibt einen Stamm von ca 4000 Spender und Spenderinnen, wovon 90% hauptsächlich von Bochumern kommt. Verantwortlich sind die Ehrenamtlichen und Entscheidungsträger im Verein.

Welche Aufgabe hat Gerd Stegemann als Geschäftsführer?

Eine Überweisung muss zur Sicherheit entgegengezeichnet werden. Alle Projekte, die laufen, müssen entsprechend nachverfolgt werden, ob sie laufen, wie es den Projektpartnern geht, ob das Geld angekommen ist und ob es entsprechend genutzt wird. 

Sachspenden müssen koordiniert werden. Also das sinnvolle Dinge, wie medizinische Hilfsmittel in einen Container kommen, der dann an einen Projektort geschickt wird. Bildungsarbeit wird in Bochum in den Schulen vorbereitet und durchgeführt, d.h. Schulklassen werden über z.B. Uganda, das Land und auch das Projekt des Vereins informiert. Es gibt Kontakte zu medizinische Firmen, die im Moment vieles eher in die Ukraine schicken als nach Afrika, aber eben medizinische Hilfsmittel spenden für die Projektorte von Aktion Canchanabury.

„Wenn Du am entwicklungspolitischen Rad drehen möchtest und Einfluss nehmen möchtest, dann ist die Aktion Canchanabury nicht das richtige. Wenn du einen direkten Draht zu den Menschen und deren Lebensbedingung verbessern möchtest in den verschiedenen Ländern, dann bist du bei Aktion Canchanabury richtig“, sagt Gerd Stegemann während des Podcasts und öffnet damit auch die Tür von Vertrauen in einen langjährigen funktionierenden Verein, der wahrlich viele positive Entwicklungen in so manchen Ort in einigen afrikanischen Staat gebracht hat.

Leider gibt es oft genug Schwierigkeiten mit der lokalen Presse. Wenn es um das Projekt Uganda geht, so schreibt die lokale Presse nicht darüber, weil es dann ein Artikel für die Auslandsabteilung ist. Und am Ende wird dann kaum oder gar nicht drüber geschrieben. Wenn es aber um ein lokales Ereignis geht, um einen Spendenaufruf mit Kaffee und Kuchen geht, dann wird ab und zu darüber geschrieben. 

Afrika ist weit weg. Lokal nimmt man es hier nicht wahr außer im Fernsehen. Jeden Tag kommen nur schlimme Nachrichten von Bürgerkrieg, Korruption, Armut, Hungersnöte. Selten sind positive Berichte. So hat Afrika natürlich schon ein Makel in den Köpfen. Doch die nicht nur hausgemachte Armut, sondern von den nördlichen „zivilisierten“ Staaten klein gehaltene afrikanische Gesellschaft, um so günstig wie möglich an Rohstoffe zu kommen und die eigene Gewinnmaximierung zu erhalten und die Aktionäre zu beglücken, wird den Verein weiterhin in Arbeit halten.

Traurig genug ist, das der für mich „vergessene“ Kontinent, so wenig Beachtung bekommt, aber dennoch im Tourismusgewerbe stark beworben wird. Zumindest sind die nordafrikanischen Staaten außer Libyen und Algerien, Südafrika und Kenia neben Namibia interessante Touristenziele, die viele deutsche Touristen anziehen. Aber das war es dann auch wieder.

Umso erfreulicher ist es, dass es diesen Verein gibt, der sich für ein besseres Afrika einsetzt und damit von Bochum eine Brücke in den großen Kontinent gebaut hat, um vor Ort bessere Lebensbedingungen zu schaffen, wenn es auch nur im kleinen Rahmen ist. So ist dennoch seit über 60 Jahren ein großer Schritt getan worden, der auch nachhallt, so wie es Paul aus Uganda, den ich als Bonus noch am Ende des Podcasts eingebaut habe, der nun nach Deutschland gekommen ist, um hier in der Pflege zu arbeiten und ein neues Leben beginnen möchte. Ein Leben, dass mit Sicherheit besser ist, als das, was er im Slum von Uganda erlebt hat.

Für den sympathischen Paul, der behinderte Menschen am Bodensee, pflegt und unterstützt, wünsche ich nur das Allerbeste. Er unterrichtete in Uganda Kinder in Ethik. Ein Unterrichtsfach, dass wir hier in Deutschland nicht haben. Er erklärte, was gut und was falsch ist. Wie schlecht Drogen und die Kriminalität ist. Es machte ihm Spaß den Kindern Moral beizubringen, aber nun geht er den Weg in Deutschland weiter von dem sich der ein oder andere eine Scheibe von Abschneiden könnte.

Für den Verein Aktion Canchanabury, den ich beim Krempelmarkt beim Kuchenverkauf und Waffelbacken unterstützt im April 2024, wünsche ich weiterhin viel Erfolg für die Projekte, die sich zur Zeit koordinieren und machen und für alle weiteren Projekte, die nötig sind, um Menschen vor Ort ein besseres Leben zu bieten. Ich hoffe, dass ich mit meinem Podcast anderen Menschen vielleicht animieren kann dem Verein beizutreten.

Wenn Ihr weiterhin Informationen bekommen möchtet, so abonniert den Newsletter, denn ich werde den Verein in meiner Form als Ruhrpottologe und im Lokalkompass weiter unterstützen und ihre Pressemitteilungen und Aktionen mitteilen.

Für weitere Informationen über den Verein könnt ihr auf deren Internetseite, den Youtube-Kanal aufsuchen oder einfach mal im Büro bei Gerd Stegemann und Henriette Roos auftauchen.

Adresse der Geschäftsstelle

Aktion Canchanabury

Herner Str. 16

44787 Bochum

Wer Fragen zur Arbeit des Vereins hat, Informationen zu den einzelnen Projekten haben möchte oder eine Spendenbescheinigung möchte, kann auch gern zu den Öffnungszeiten das Büro betreten oder anrufen:

Tel. +492349357846

Öffnungszeiten:

Mo-Mi + Fr  8 – 13 Uhr

Do                 8 – 18 Uhr

Und nach telefonischer Absprache

Links

Short zum Krempelmarkt und Interview mit Henriette Roos:

Video zum Krempelmarkt und Interview mit Henriette Roos:


Weitere Fotos und Infos mit Videos sind auf https://ruhrpottologe.de zu finden

Lernt das Ruhrgebiet kennen mit dem selbsternannten Ruhrpottologe. Im Podcast "Ruhrpottologe unterwegs" spricht er mit Heimatliebe und Dialekt über Literatur, Kunst, Orte und mit Menschen aus dem großen Ballungsraum des Ruhrgebiet.

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Herner Str. 16

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Tel. +492349357846

Öffnungszeiten:

Mo-Mi + Fr  8 – 13 Uhr

Do                 8 – 18 Uhr

Und nach telefonischer Absprache

Links

Short zum Krempelmarkt und Interview mit Henriette Roos:

Video zum Krempelmarkt und Interview mit Henriette Roos:


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